Eine bunte Gauklergruppe kämpft in einer fantastischen Welt voller Drachen, schicksalhafter Artefakte und blutiger Intrigen für die Freiheit

Interview mit Autor Robert Corvus

Was macht eine gute Fantasygeschichte aus?

Wie immer, wenn wir von Abenteuern erzählen, brauchen wir straffe Spannungsbögen und Figuren, die uns packen – ob wir sie nun lieben oder hassen oder beides zugleich. In der Fantasy kommt das Archetypische hinzu. Dieses Genre schöpft aus demselben Fluss wie die Märchen, und seine Schwesterwissenschaft ist die Tiefenpsychologie. In der Fantasy begegnen wir Seelenbildern, die jeden von uns ansprechen: dem Helden und dem Ungeheuer, der weisen Frau und dem Bettler, dem Drachen und der Zauberin. Jeder von uns verbindet etwas damit, und deswegen spricht die Fantasy jeden von uns unmittelbar an. Ihre elementaren Geschichten halten Botschaften für jeden von uns bereit.

Wieso haben Sie Menschen aus dem fahrenden Volk zu Ihren Protagonisten gemacht?

Ein zentrales Motiv dieser Geschichte ist Freiheit, und dafür steht kaum jemand so sehr wie ein Mensch, der nirgendwo verhaftet ist, sondern jeden Tag wandert, wohin der Wind ihn weht. Zudem bietet diese Lebensart die Möglichkeit, Geschichten an vielen verschiedenen Orten zu erzählen – von einem Zauberwald über eine Ruinenstadt und die Wildnis bis hin zu Städten mit vornehmen Bürgern. Die reisenden Protagonisten werden zu Reiseführern in eine fantastische Welt. Zugleich sind sie uns näher als ein uralter Zauberer oder ein Zwerg, der in seinen tiefen Minen nie die Sonne gesehen hat. Dadurch laden sie eher zur Identifikation ein; man kann sich leicht vorstellen, wie es wäre, wenn man in ihrem Wagen über die Straßen ihrer Welt fahren würde.

Was schätzen Sie am seriellen Erzählen?

Es vereinigt zwei Dinge, die ich sehr mag:

Die einzelne Geschichte ist kurz genug, um sie in einem Zug zu lesen. Ein Nachmittag oder Abend reicht aus, um ein spannendes Abenteuer zu erleben, die Belohnung eines Abschlusses zu bekommen und ein weiteres Puzzlestück im übergreifenden Handlungsverlauf zu ergattern.

Zugleich gibt es das Versprechen, immer wieder zu den vertrauten Figuren und in ihre Welt zurückzukehren. Eine Serie, die man liebt, zieht in den eigenen Wohlfühlraum ein – und zwar, wenn man mag, für eine sehr lange Zeit. Man weiß: Egal, was passiert, am Samstag darf ich wieder abtauchen in eine Welt voller Magie, die ganz anders ist als mein Alltag, aber zugleich durch die vorherigen Episoden auch vertraut. Dort werde ich von meinen Lieblingsfiguren begrüßt und begleite sie ins nächste Abenteuer.

Wieso lesen und nicht schauen?

Die Medien schließen sich nicht aus, das Streaming hat ebenso seine Berechtigung wie das Heft vom Kiosk. Und beides hat seine eigenen Stärken. Beim Lesen fragt niemand nach dem Budget, das notwendig wäre, um eine fantastische Welt plastisch zu machen. Meine Tricktechnik ist nicht auf CGI-Effekte oder Modellbauten angewiesen. Ich nutze die beste aller Special-Effects-Maschinen: die Vorstellungskraft meiner Leserinnen und Leser.

Stellen Sie sich ein Wesen vor, das einer riesigen Würgeschlange ähnelt, mit blauen Schuppen, sieben Meter lang, wobei sich die vorderen zwei Meter senkrecht erheben. Und nun geben Sie diesem Wesen acht Arme, kleiden Sie es in eine Gewand aus Ketten, die aus unterschiedlichen Metallen geschmiedet sind. Lassen Sie es von magischen Artefakten sprechen, die in einer Ruinenstadt zu finden sind …

In einem Absatz habe ich Ihnen einen Schazzuhl vorgestellt, wie sie Ihnen in DIE VAGABUNDEN begegnen werden. Jeder Filmproduzent bekommt bei einer solchen Vorstellung Schweißausbrüche – aber im Taschenheft ist das nur eines von unzähligen Motiven, die Sie in meiner Fantasywelt erwarten.